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Weltweit erstes EEHG-Signal an einem Speicherring

© Shaukat Khan​/​TU Dortmund

DELTA ist der erste Speicherring, an dem das sogenannte EEHG-Verfahren (echo-enabled harmonic generation) zur Erzeugung ultrakurzer Strahlungspulse erfolgreich demonstriert wurde.

EEHG (echo-enabled harmonic generation) wurde 2009 als ein Verfahren zur Verbesserung von Freie-Elektronen-Lasern vorgeschlagen [1]. Mit zwei Laserpulsen werden beschleunigte Elektronen so manipuliert, dass kurzwellige Strahlung mit definierten Eigenschaften kohärent emittiert wird.

Das obige Bild zeigt eine für EEHG typische Elektronenverteilung im Phasenraum, d.h. in Abhängigkeit der longitudinalen Position z  (hier in Einheiten der Laserwellenlänge) und der Energieabweichung dE  (in Prozent der Elektronenenergie E). In der Projektion auf die z-Achse ergibt sich eine periodische Dichteverteilung der Elektronen, die eine kohärente Emission von Synchrotronlicht bei kurzen Wellenlängen bewirkt.

EEHG wurde bereits an mehreren Linearbeschleunigern demonstriert und wird am Freie-Elektronen-Laser FERMI in Triest/Italien inzwischen im Nutzerbetrieb eingesetzt [2,3]. Das Verfahren kann jedoch auch an Speicherringen angewandt werden, um ultrakurze Synchrotronstrahlungspulse zu erzeugen. Dies wurde u.a für BESSY in Berlin [4], DELTA in Dortmund [5], HLS in Hefei/China [6], NSLS-II in Upton/NY/USA [7] und SOLEIL in Saint-Aubin/Frankreich [8] vorgeschlagen. EEHG-Pulse sind etwa so lang wie die beteiligten Laserpulse, also 1000 mal kürzer als die Pulse der konventionellen Synchrotronstrahlung. Dies würde Experimente mit einer Zeitauflösung unter 100 Femtosekunden (dem 10.000.000.000.000ten Teil einer Sekunde) ermöglichen.

DELTA ist weltweit der erste und bislang einzige Speicherring, an dem EEHG implementiert wurde. Bereits im Sommer 2022 wurde der aus abwechselnd gepolten Elektromagneten bestehende Undulator U250 so umgebaut, dass die für EEHG notwendige Magnetstruktur entstand:

Modulator-Schikane-Modulator-Schikane-Radiator  (siehe weiter unten: Foto und Magnetfeldverlauf).

Ein Modulator ist ein Undulator, in dem Laserpulse die Elektronenenergie periodisch modulieren. Eine Schikane ist eine Anordnung von Magneten, um die Elektronen entsprechend ihrer Energie umzuverteilen. Der Radiator ist ein weiterer Undulator, in dem Synchrotronlicht abgestrahlt wird.

Der Umbau des Undulators U250 erforderte ca. 200 neue Kabel. Er wird nun von 14 verschiedenen Netzgeräten angesteuert. Mit 72 Kupferstangen auf drei Schaltbrettern kann er in kurzer Zeit wieder auf einen normalen Undulator zurückgebaut werden [9].

Neuverkabelter Undulator U250
Magnetfeld entlang des Undulators U250

In ersten Experimenten ab September 2022 wurde die Wechselwirkung mit zwei Laserpulsen demonstriert [10]. Die Pulse aus einem Titan:Saphir-Lasersystem mit einer Wellenlänge von 800 nm werden teilweise zu 400 nm konvertiert und beide Pulse mit motorisierten Spiegeln (in der folgenden Abbildung: M1, M2, P1, P2) auf die Strahlachse der Elektronen im Undulator U250 gebracht. Die Synchronisation der Pulse untereinander erfolgt durch Anpassung der Weglänge (in der Abbildung: delay). Die erfolgreiche Wechselwirkung mit den Elektronen wird durch Emission von Synchrotronlicht im Terahertz-Bereich nachgewiesen [11].

Strahlwege für Laserpulse mit Wellenlänge 800 nm (rot) und 400 nm (blau) nach der Frequenzkonversion (SHG = second-harmonic generation). Die im Undulator U250 entstehenden EEHG-Pulse (violett) werden in einem Spektrometer mit einer Mikrokanalplatte (MCP = microchannel plate) detektiert.

Nach dem ersten Erfolg wurden im Jahr 2023 umfangreiche Reparaturen notwendig. Im Sommer 2024 konnten schließlich EEHG-Strahlungspulse bei den Wellenlängen 160 nm und 114 nm erfolgreich nachgewiesen werden [12]. EEHG findet statt, wenn beide Laserpulse mit denselben Elektronen in Wechselwirkung treten (rote Kurven in der folgenden Abbildung). Zur Kontrolle wurden Daten ohne Laser-Elektronen-Wechselwirkung aufgenommen (blaue Kurven). Hierbei zeigte sich, dass eines der Signale bei 160 nm durch nichtlineare Prozesse an Spiegeloberflächen verursacht wurde.

 

Intensität bei 160 nm (links) und 114 nm (rechts) als Funktion der Verzögerung zwischen den beiden Laserpulsen (Untergrund abgezogen).

Eine Besonderheit bei DELTA ist die Gesamtlänge der Magnetstruktur von nur 4,75 m. Die bisherigen Vorschläge für EEHG an Speicherringen [4-8] gehen von mindestens dem doppelten Platzbedarf aus. Mit 38 Elektromagneten zu je 12,5 cm Länge ist der Undulator U250 für einen EEHG-Nutzerbetrieb wenig geeignet. Besser wäre die Verwendung von kompakten Permanentmagneten, die wesentlich mehr Magnetpole pro Länge ermöglichen und außerdem weder elektrischen Strom noch Kühlwasser benötigen.

Dennoch können mit dem jetzigen Aufbau die physikalischen Grenzen für EEHG mit den gegebenen Parametern des Elektronenstrahls ausgelotet werden. Der Aufbau bei DELTA ist somit ein wichtiger Prototyp für die zukünftige Erzeugung von ultrakurzen Strahlungspulsen an Speicherringen.

Literatur

  1. G. Stupakov, Physical Review Letters 102, 074801 (2009)
  2. P. Rebernik Ribič et al., Nature Photonics 13, 555 (2019)
  3. C. Spezzani et al., Proceedings of FEL'24, Warsaw, Poland, TUBI02 (2024)
  4. J.-G. Hwang et al., Scientific Reports 10, 10093 (2020)
  5. S. Khan et al., Synchrotron Radiation News 24:5, 18 (2011)
  6. H. Li et al., Proceedings of IPAC’13, Shanghai, China, 1208 (2013)
  7. X. Yang et al., Scientific Reports 12, 9437 (2022)
  8. C. Evain et al., New Journal of Physics 14, 023003 (2012)
  9. B. Büsing et al., DELTA Annual Report 2022, 11 (2023)
  10. S. Khan et al., Proceedings of IPAC'23, Venice, Italy, 1057 (2023)
  11. P. Ungelenk et al., Physical Review Accelerators & Beams 20, 020706 (2017)
  12. S. Khan et al., Proceedings of FEL’24, Warsaw, Poland, MOAI02/TUP250 (2024)